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Für die Ewigkeit


Auszug aus einer Kurzgeschichte

Der Blick schweift ins Leere. Nur die Bilder in ihrem Kopf füllen das Nichts.
Dort hinten, der Kirchturm. Gleich rechts davon die Schule und daneben die Friedhofsmauer. Das Grab ihres totgeborenen Kindes. Frank. Damals ...
Die Wirklichkeit ist grausam mit ihr.
Leere. Totale Leere. Vor ihr liegt ein gewaltiges Loch. Die Kirche, die Schule, der Friedhof - weg.
Ödnis, soweit das Auge reicht. Eines Tages waren die Bagger gekommen, hatten diesen gigantischen Krater in die Landschaft gegraben. (...)
Wieder sucht sie den Horizont ab. Das Kloster lag dort hinten, bei dem linken Bagger. Oder ein Stück weiter vorn? Vielleicht mehr unten, da, wo der Sand liegt? Sie schlägt die Hände vors Gesicht. Wieso kann sie sich nicht erinnern? (...)
(Sie) erschrickt vor dem LKW, der gleich neben ihr zum Stehen gekommen ist. Sie hat ihn gar nicht bemerkt.
"Gute Frau, was tun sie denn hier. Haben sie die Absperrung nicht gesehen?"
Als der Mann auf sie zutritt, weicht sie zurück.
"Das ist gefährlich. Wir fangen gleich an zu baggern. Hier ist Sperrzone."
Sie findet ihre Sprache wieder.
"Sperrzone? Seit wann?" (...)
(Fortsetzung s. "Vom Bleiben und Schwinden)


Andrea Niehr | © Oktober 2018